Bauen, Bauen, Bauen – Warum wir keine Mietpreisbremse brauchen und wie Wohnraum geschaffen werden kann.

Veröffentlicht von KONTRA Redaktion am

Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei Wohnraum reden wir nicht von einem Gut wie jedem anderen. Wohnraum, das ist Sicherheit, das ist Obdach, das ist ein Grundrecht, das ein Mensch haben muss. Und natürlich muss man nicht nur als SozialdemokratIn, sondern auch als Mensch mit Herz alles dafür tun, damit Wohnraum in ausreichender Menge, hoher Qualität und zu fairen Preisen verfügbar ist.

Nur ist eine Mietpreisbremse meiner Meinung nach das absolut falsche Instrument.

Wohnungen sind quasi überall Mangelware. Nur wenn ich jetzt hingehe und sage, dass ich bei diesem Mangel einfach den Markt stranguliere in dem ich sage, dass man nur bis zu einem gewissen Wert vermieten darf, dann löst es das Problem nicht – ich erwarte eher den gegenteiligen Effekt. Denn so wir Sozis uns einig sind, dass Eigentum verpflichtet und Wohnraum zur Verfügung gestellt werden muss, sofern er vorhanden ist, so gibt es doch eine überraschende Menge an Leerstand, da Menschen – sei es aufgrund schlechter Erfahrungen mit Mietern, als reines Spekulationsobjekt oder aus welchen Gründen auch immer – ihren Wohnraum nicht vermieten oder verkaufen wollen. Verbiete ich jetzt, dass der Markt den Preis bestimmt, so werden eher noch weniger Wohnungseigentümer ihren Wohnraum dem Markt zur Verfügung stellen – und nicht vermieten. In meiner Heimatgemeinde Nufringen gab es vor knapp 10 Jahren eine Erhebung, die besagte, dass knapp 100 Wohnungen in Nufringen leer stehen würden. Bei einer 5800 Einwohner-Gemeinde mit knapp halb so vielen Haushalten ist das eine ganze Menge! Und ich bezweifle, dass sich das in den letzten Jahren verbessert hat, da es viele ältere Menschen gibt, die zwar Wohnraum besitzen, aber auf das Geld gar nicht angewiesen sind (soll und darf es auch geben).

Um Mieten zu senken oder mindestens zu stabilisieren gibt es nur drei Dinge, die helfen:

Bauen, Bauen, Bauen.

Und es gibt Mittel und Wege wie man relativ einfach Wohnraum aktivieren bzw neu schaffen könnte ohne, dass ich den Vertragspartnern Mieter/Vermieter in ihre Vertragsfreiheit eingreife.

1.         Unbebaute erschlossene Grundstücke aktivieren.

Wer sich mal die Mühe machen will und auf Google Maps die Satellitenansicht meiner Heimat Nufringen anschaut, bekommt schnellstens ein Verständnis für das, was ich meine: Deutschland ist übersäht von den berühmten „Enkelesgrundstücken“, also unbebaute, erschlossene Grundstücke, die in der Familie meist für die Enkel gehalten werden, falls die mal bauen wollen. Die wohnen in der Regel aber alle in Hamburg, München oder Berlin und werden niemals in ihrem Leben wieder nach Nufringen kommen und dort bauen, daher liegen diese Grundstücke brach. Dem kann man nur begegnen in dem man diese Grundstücke hart besteuert: Wir brauchen eine Grundsteuer C. Diese muss so hoch sein, dass es unwirtschaftlich ist, das Grundstück als Spekulationsobjekt zu halten, ich rede da über einen Betrag im deutlich 4- bis 5-stelligen Bereich pro Jahr und Bauplatz. Die Eigentümer werden sich nicht lange überlegen ob sie das Grundstück nicht doch lieber dem Markt zuführen und den Enkeln vielleicht nicht einfach ein paar tausend Euro überweisen.

Positiver Nebeneffekt: Die Grundsteuer wird an die Kommunen abgeführt, die momentan massivst unter der Corona-Krise leiden. Wir könnten so mit der kurzfristigen Aktivierung von ungenutzten Bauflächen auch noch unsere Haushalte saniere.

Das Land hätte dies bei der jüngsten Grundsteuerreform mit aufnehmen können. Stattdessen hat es die Chance verpasst. Schwarz-Schwarz lässt grüßen.

2.         Bauvorhaben vereinfachen.

Momentan ist es für Gemeinden ein langwieriger und teurer Kraftakt, ein neues Baugebiet auszuweisen. In Nufringen sind wir gerade dabei, nach §13b BaugGB ein Gebiet zu entwickeln. Dies ist schon ein beschleunigtes Verfahren, welches aber immer noch Jahre braucht, bis ein Bagger eine Straße buddelt. Wir brauchen aber definitiv eine Verlängerung dieses Gesetzes, welches 2019 ausgelaufen ist. Denn bei 13b braucht man keine Änderung des Flächennutzungsplanes, Änderungen, die sich unfassbar langwierig gestalten. Auch hier wäre eine Vereinfachung des Verfahrens und damit einhergehend eine Beschleunigung wünschenswert.

3.         Zweckentfremdungsverbot bei Leerstand.

In meiner Einleitung habe ich es bereits gesagt: Wir müssen Leerstand bekämpfen. Hier können Kommunen in Baden-Württemberg bereits heute eine Satzung zur Zweckentfremdung erlassen, meine Geburtsstadt Stuttgart macht dies beispielsweise. Bei einem Leerstand von über 6 Monaten kann der Eigentümer dann zur Kasse gebeten werden und hat entweder die Wahl zu vermieten oder zu verkaufen. Denn Wohnraum ist kein reines Spekulationsobjekt.

4.         Mehr Wohnraum in öffentlicher Hand.

Hier reden wir Sozis uns den Mund fasrig: Wir brauchen wieder mehr Wohnraum in öffentlicher Hand. Unsere GenossInnen der SPÖ machen in Wien vor, wie so etwas funktionieren kann. Nur momentan fehlen uns die Mehrheiten: Unsere Landeswohnbaugesellschaft wird mit Schwarz-Schwarz nicht kommen, kleine Gemeinden können sich oft eigene Wohnbaugesellschaften nicht leisten. Ein Vorstoß der SPD im Kreistag von Böblingen,  eine Kreiswohnbaugenossenschaft zu gründen scheiterte vor einiger Zeit. Hier müssen wir dennoch dran bleiben.

5.         Verbindliche Sozialquote bei Neubauten.

Außerdem sollten wir bei Neubauten verbindliche Sozialquoten einführen. Aalen ist hier als positives Beispiel zu nennen, die so in neu erschaffenen Quartieren eine gute Durchmischung erreichen konnten.

Und grundsätzlich noch eines: Ich weiß nicht, wo die Romantisierung von Mietwohnungen herkommt. Gerade wir hier im Land der Häuslesbauer sollten ArbeiternehmerInnen dazu befähigen, sich selbst Wohnraum zu erwerben. Dies schützt vor Oligopolisierung des Mietwohnungsmarktes und dient auch der persönlichen Altersvorsorge.

Und außerdem finde ich überhaupt nichts Verwerfliches daran, wenn Menschen auch zur Absicherung ihrer Kinder Wohnraum erwerben und später vererben. Ich persönlich bin mir meiner Privilegierung durchaus bewusst, dass meine Eltern mich gut abgesichert hatten für den Fall, dass sie sterben. Leider taten das beide viel zu früh. Aber ich bin ihnen dankbar, dass sie mir wenigstens finanzielle Sicherheit mit auf den Lebensweg ohne sie geben konnten. Was ist daran moralisch verwerflich und warum postulieren wir das ständig?

Unser Ziel muss sein, dass möglichst jeder ein eigenes Dach über dem Kopf hat. Dann brauchen wir auch die Deutsche Wohnen nicht enteignen, dann wäre sie überflüssig.

Ein Gastbeitrag von Robin Voss (KV Böblingen)

zum Autor: Robin Voss ist Gemeinderat in Nufringen am Rande der Region Stuttgart. Von 2014-2016 war er im Landesvorstand der Jusos BW.

Kategorien: KONTRA